1. Jahressteuergesetz 2024:
Die wichtigsten geplanten Neuerungen
Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 wurde vom Bundeskabinett am 05.06.2024 beschlossen. Er enthält eine Vielzahl von steuerlichen Änderungen, sowohl entlastender als auch belastender Art. Hierbei sind verschiedene Steuergesetze betroffen. Im weiteren Verlauf wird der Entwurf nun in den Bundestag und den Bundesrat eingebracht. In diesem Zuge dürften sich noch einige Änderungen ergeben. Bei einer Einigung in Bundestag und Bundesrat ohne größere Zerwürfnisse ist mit einer Verabschiedung noch in diesem Jahr zu rechnen. Im Folgenden fassen wir für Sie die wichtigsten geplanten Änderungen für Unternehmer zusammen.
Buchwertübertragungen zwischen Schwesterpersonengesellschaften
Hat ein Unternehmer mehrere Betriebsvermögen oder Unternehmen, so kann es erforderlich sein, einzelne Wirtschaftsgüter von dem einen Betriebsvermögen in ein anderes zu übertragen, etwa im Rahmen von Restrukturierungen. Problem: Wird ein Wirtschaftsgut aus einem Betriebsvermögen entnommen, droht die Aufdeckung stiller Reserven. Dies bedeutet, dass, wenn der tatsächliche Marktwert des Wirtschaftsguts über dem Buchwert liegt, ein steuerpflichtiger Gewinn entsteht (eine Art fiktive Veräußerung). Man zahlt also Steuern auf Erträge, für die es keinen realen Geldeingang gibt. Meist gibt es aber Möglichkeiten, die eine steuerneutrale Übertragung zu Buchwerten ermöglichen.
Eine bisherige Lücke im System soll im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28.11.2023 geschlossen werden. Dann ist grundsätzlich auch die Übertragung von Wirtschaftsgütern zu Buchwerten zwischen zwei Personengesellschaften möglich, die gleiche Gesellschafterstrukturen aufweisen (sog. Schwestergesellschaften). Eine steuerneutrale Übertragung soll laut dem Gesetzentwurf dann nicht möglich sein, wenn ein Gesellschafter nur an einer der beiden Gesellschaften beteiligt ist. Eine 0-%-Beteiligung unterschiedlicher Komplementär-GmbHs ist jedoch unschädlich. Die Neuregelung soll auf alle offenen Fälle anwendbar sein.
Umsatzsteuerliche Neuregelung bei Kleinunternehmern
Im Rahmen der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerregelung können Unternehmer von umsatzsteuerlichen Pflichten befreit werden, wenn die im Inland erwirtschafteten Gesamtumsätze gewisse Schwellen (bislang 22.000 € im Vorjahr bzw. 50.000 € im laufenden Jahr) nicht überschreiten. Diese Schwellen sollen nun angehoben werden. Künftig ist die Kleinunternehmerregelung anwendbar, wenn im Vorjahr der steuerpflichtige Gesamtumsatz 25.000 € und der Umsatz des laufenden Jahres 100.000 € nicht übersteigt.
Hinweis: Gegenüber der bisherigen Regelung ist dabei der Gesamtumsatz ohne Hinzurechnung einer Umsatzsteuer maßgeblich. Beim Überschreiten der Umsatzgrenze im laufenden Jahr (neu 100.000 €) ist die Kleinunternehmerregelung künftig bereits ab dem Zeitpunkt des Überschreitens nicht mehr anwendbar. Notwendig ist daher eine fortlaufende Überwachung des Gesamtumsatzes
Darüber hinaus soll es auch im Inland nicht ansässigen Unternehmen ermöglicht werden, die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen. Damit deutsche Unternehmen auch die jeweilige Kleinunternehmerregelung in anderen EU-Staaten in Anspruch nehmen können, soll ein Meldeverfahren über das Bundeszentralamt für Steuern eingeführt werden.
Hinweis: Bereits durch eine Regelung im Wachstumschancengesetz ist für Kleinunternehmer die Verpflichtung zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung ab dem Veranlagungszeitraum 2024 entfallen.
Vorsteuerabzug bei Leistungsbezug von einem Ist-Versteuerer
Der Vorsteuerabzug kann nach bisherigem Recht stets mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums geltend gemacht werden, in dem die Leistung erbracht wurde und in welchem der Leistungsempfänger die Rechnung erhält. Künftig soll der Vorsteuerabzug bei einem Leistungsbezug von einem Ist-Versteuerer erst dann möglich sein, wenn die Leistung tatsächlich bezahlt wurde. Ist-Versteuerer sind Unternehmer, die die Besteuerung ausnahmsweise nach vereinnahmten Entgelten vornehmen. Hierzu gehören viele kleinere Unternehmer sowie Freiberufler, die nicht buchführungspflichtig sind.
Zur praktischen Umsetzung der Neuregelung sollen Ist-Versteuerer verpflichtet werden, ihre Rechnungen mit dem Hinweis „Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten“ zu versehen, damit der Leistungsempfänger die Besonderheit beim Vorsteuerabzug berücksichtigen kann. Die Regelung soll erstmals für Rechnungen anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2025 ausgestellt werden.
Unberechtigter Steuerausweis
Grundsätzlich gilt: Wird in einer Rechnung Umsatzsteuer ausgewiesen, obwohl der Aussteller – aus welchen Gründen auch immer – nicht dazu berechtigt ist, wird die Steuer trotzdem geschuldet. In Reaktion auf die aktuelle BFH- Rechtsprechung wird diesbezüglich nun eine Gesetzeslücke bei Gutschriften geschlossen. Bei einer Gutschrift im steuerlichen Sinne übernimmt der Leistungsempfänger das Ausstellen der Rechnung. Nach der geplanten Regelung schuldet der Empfänger der Gutschrift die dort ausgewiesene Umsatzsteuer auch dann, wenn diese vom Gutschriftersteller falsch ausgewiesen wurde. Die Regelung soll ab dem Tag der Gesetzesverkündung gelten.
Änderungen bei Steuerbefreiungen
Die Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen (z.B. Unterricht) wird an unionsrechtliche Vorgaben angepasst und bekommt hierdurch einen potenziell weiteren Anwendungsbereich. Das bisherige Bescheinigungsverfahren, wonach ein Bildungsdienstleister (z.B. ein Dozent) die Steuerbefreiung nur in Anspruch nehmen konnte, wenn ihm von der zuständigen Landesbehörde bzw. in bestimmten Fällen vom Auftraggeber eine Bescheinigung über dessen Steuerfreiheit ausgestellt wurde, soll abgeschafft werden.
Im Rahmen der Anpassung an das Unionsrecht werden außerdem bestimmte Dienstleistungen im engen Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung von der Umsatzsteuer befreit. Hierunter fallen
z.B. die entgeltliche Überlassung von Sportanlagen und Ausrüstung sowie Veranstaltungsleistungen. Dies gilt allerdings nur für Einrichtungen, welche diese Dienstleistungen ohne Gewinnstreben erbringen. Soweit das Entgelt für die Veranstaltung in Eintrittsgeldern der Zuschauer besteht, ist die Befreiungsvorschrift nicht anzuwenden. Durch die Regelung wird insbesondere die umsatzsteuerliche Behandlung von Sportvereinen vereinfacht.
Darüber hinaus soll die Steuerbefreiung für die Vergabe von Krediten um die Verwaltung von Kreditsicherheiten durch den Kreditgeber erweitert werden. Die hier genannten Neuregelungen sollen ab dem 01.01.2025 anzuwenden sein.
2. Geplante Neuerungen
durch das Steuerfortentwicklungsgesetz
Außer im Jahressteuergesetz 2024 sind auch mit dem Entwurf des Steuerfortentwicklungsgesetzes Neuerungen geplant. Bisher ist zu dem Gesetz ein Regierungsentwurf bekannt, der noch Bundestag und Bundesrat passieren muss. Eine Verabschiedung ist bis zum Ende des Jahres vorgesehen, da einige Regelungen bereits zum 01.01.2025 in Kraft treten sollen. Im unternehmerischen Bereich sind vor allem die folgenden Neuerungen geplant.
Änderung bei der Sammelpostenregelung
Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die selbständig nutzbar sind, können als sog. geringfertige Wirtschaftsgüter im Jahr der Anschaffung sofort abgeschrieben werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten pro Wirtschaftsgut nicht mehr als 800 € betragen (GWG-Regelung). Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind solche, die nicht sofort verbraucht werden, also etwa Maschinen bzw. Geräte und Geschäfts- ausstattung. Darüber hinaus kann für entsprechende Wirtschaftsgüter auch ein Sammelposten gebildet werden, der dann einheitlich über einen bestimmten Zeitraum abzuschreiben ist. Auf die individuelle Nutzungsdauer des einzelnen Wirtschaftsguts im Sammelposten kommt es hierbei nicht an.
Nach den geplanten Regelungen können Wirtschaftsgüter in den Sammelposten einbezogen werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten ohne Umsatzsteuer mehr als 800 € betragen (bisher: 250 €), aber 5.000 € nicht übersteigen (bisher 1.000 €). Außerdem soll die einheitliche Abschreibungsdauer des Sammelpostens auf drei Jahre (bisher fünf Jahre) verkürzt werden. Die Regelung soll für Wirtschaftsgüter gelten, die nach dem 31.12.2024 angeschafft werden.
Hinweis: Die Neuregelung würde den Anwendungsbereich des Sammelpostens stark erweitern und wäre eine echte Vereinfachung. Die bisherige Regelung war wegen der Überlappung mit der GWG-Regelung nur beschränkt praxistauglich.
Verlängerung der degressiven Abschreibung
Für bewegliche Wirtschaftsgüter wurde durch das Wachstumschancengesetz eine degressive Abschreibung eingeführt. Die Bemessungsgrundlage der Abschreibung ist immer der Restbuchwert aus dem Vorjahr. Hierdurch sind die Abschreibungsbeträge anfangs recht hoch, wodurch sich schneller Steuerminderungspotenzial realisieren lässt. Mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz soll diese Abschreibung von 20 % auf 25 % der Anschaffungskosten, höchstens das 2,5-fache der linearen Abschreibung steigen.
Zudem soll der zeitliche Anwendungsbereich erweitert werden. Waren bislang Wirtschaftsgüter, die nach dem 30.09.2023 und bis zum 31.12.2024 angeschafft oder hergestellt wurden, begünstigt, wird dies auf Wirtschaftsgüter, die bis zum 31.12.2028 angeschafft oder hergestellt werden, erweitert.
Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen
Bereits jetzt besteht eine Meldepflicht für internationale Steuergestaltungen. Die Meldepflicht für rein nationale steuerliche Gestaltungen zieht sich schon seit Jahren durch die Gesetzesentwürfe, wurde aber bisher noch nicht realisiert.
Der jetzige Entwurf ist hier sinngemäß eng an die bereits bestehende Mitteilungspflicht für internationale Gestaltungen angelehnt. Die Pflicht trifft den Verwender der Steuergestaltung sowie auch sog. Intermediäre, welche die Gestaltung als Konzept anbieten (wie etwa Rechtsanwälte, Steuerberater, Banken). Ob ein Sachverhalt, der einen Steuervorteil verschafft, auch wirklich meldepflichtig ist, richtet sich nach einem Katalog von abstrakten Kennzeichen. Durch die Mitteilungspflicht werden legale nationale Gestaltungen nicht verboten, die Finanzverwaltung soll aber einen Überblick erhalten, welche Modelle der steuerlichen Gestaltung angewendet werden.
3. Die elektronische Rechnung kommt
Mit dem Wachstumschancengesetz wurde die verpflichtende Ausstellung der neuen elektronischen Rechnung (E-Rechnung) eingeführt. Ab 2025 muss jeder Unternehmer E-Rechnungen empfangen und verarbeiten können. Für den Empfänger sind keine Übergangsregelungen vorgesehen. Für Unternehmer besteht auch für Ausgangsumsätze die Verpflichtung zur Ausstellung von E-Rechnungen. Hier gibt es allerdings Übergangsregelungen.
Was genau gilt als E-Rechnung?
Es handelt sich um eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Das strukturierte elektronische Format muss der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung (EN 16931) entsprechen. Es gibt bereits verschiedene Formate, etwa das ZUGFeRD-Format oder die X-Rechnung. Hiervon zu unterscheiden sind Rechnungsdokumente, die lediglich auf elektronischem Weg versendet werden (z.B. PDF per E-Mail), sowie die Papierrechnung. Diese gelten künftig als „sonstige Rechnung“. Man kann sich eine E-Rechnung vorstellen wie eine Rechnung in einem gängigen elektronischen Format, die zudem weitere auswertbare Datenstrukturen im Hintergrund enthält.
Hinweis: Die Verpflichtung zur E-Rechnung haben grundsätzlich nur Unternehmer im Inland in ihrem Liefer- und Leistungsverkehr untereinander (Business- to-Business, B2B). Rechnungen an Privatpersonen können weiterhin in Papierform oder in einem einfachen elektronischen Format ausgestellt werden.
Die Einführung der E-Rechnung ist durch vier Meilensteine gekennzeichnet:
- Ab dem 01.01.2025 müssen alle Unternehmer E-Rechnungen empfangen und verarbeiten können. Leistungserbringer können E-Rechnungen ohne Zustimmung des Leistungsempfängers senden. Auch Ärzte, Vermieter, Hausbesitzer mit Photovoltaikanlagen, gemeinnützige Vereine und Kleinunternehmer im Allgemeinen sind von der E-Rechnungspflicht betroffen.
- Bis Ende 2026 dürfen zwischen Unternehmern weiterhin auch Papierrechnungen ausgetauscht werden. Auch elektronische Formate, die nicht dem E-Rechnungsformat entsprechen, dürfen noch genutzt werden, allerdings muss sich der Rechnungsempfänger mit diesem Vorgehen einverstanden erklären.
- Sogar bis Ende 2027 dürfen Unternehmen weiterhin Papierrechnungen austauschen oder elektronische Formate nutzen, die nicht dem E-Rechnungsformat entsprechen, wenn der Rechnungsaussteller einen Vorjahresumsatz (2026) von maximal 800.000 € hat.
- Ab 01.01.2028 sind die neuen Anforderungen der E-Rechnung zwingend von allen Rechnungsausstellern einzuhalten.
Ausblick und Praxisempfehlung
Mit dem neuen elektronischen Rechnungsformat werden die ersten Voraussetzungen für ein Meldesystem von elektronischen Rechnungen an die Finanzämter geschaffen. Hierdurch kann dann eine Prüfung der Rechnungen in Echtzeit erfolgen und Umsatzsteuerbetrug effektiver bekämpft werden. Das Bundesfinanzministerium arbeitet derzeit an einer Unterstützung mit Tutorials zur E-Rechnung. Darüber hinaus arbeiten führende Softwarehersteller an Lösungen. Eine externe Softwarelösung ist aber nicht unbedingt Voraussetzung für die E-Rechnung.
Es gibt keine Vorgaben zum Übermittlungsweg von E-Rechnungen. Denkbar ist eine Übersendung per E-Mail ebenso wie ein Hochladen über Portale. Zumindest sollten Unternehmen bis 2025 in der Lage sein, elektronische Rechnungen zu empfangen. Bis spätestens Anfang 2028 sollten dann auch die Voraussetzungen geschaffen werden, selbst elektronische Rechnungen zu versenden.
4. Meldepflicht für elektronische Kassen ab 2025
Zur Vermeidung von Steuerhinterziehung sind die Anforderungen an elektronische Kassen in den letzten Jahren zunehmend verschärft worden. Im Jahr 2020 etwa wurde die Pflicht zum Einsatz eines Aufzeichnungssystems mit zertifizierter technischer Sicherheitseinrichtung (TSE) beschlossen. Außerdem müssen elektronische Kassen für jeden Geschäftsvorfall einen Beleg mit bestimmten Daten ausgeben können. Unternehmer müssen dem Finanzamt (FA) Art und Anzahl ihrer Kassen melden. Ab dem 01.01.2025 ist nun eine Meldung von elektronischen Kassensystemen mittels Datenübertragung über das Portal „Mein Elster“ oder die sog. ERiC-Schnittstelle an die Finanzbehörden möglich und grundsätzlich verpflichtend.
Welche Daten müssen gemeldet werden?
Wenn Sie ein elektronisches Kassensystem einsetzen, müssen Sie dem FA künftig per Datenfernübertragung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz die folgenden Daten mitteilen:
• Ihren Namen
• Ihre Steuernummer
• die Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung
• die Art des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems
• die Anzahl der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme
• die Seriennummer des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems
• das Datum der Anschaffung des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems
• das Datum der Außerbetriebnahme des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems
Die Fristen im Überblick
Spätestens nach Ablauf einer Übergangsfrist zum 30.06.2025 sind sämtliche elektronischen Kassensysteme innerhalb eines Monats zu melden. Hieraus ergeben sich folgende Meldefristen:
Sachverhalt | Frist |
vor dem 01.07.2025 angeschaffte Systeme | Meldung bis zum 31.07.2025 |
ab dem 01.07.2025 angeschaffte Systeme | Meldung innerhalb eines Monats nach Anschaffung |
ab dem 01.07.2025 außer Betrieb genommene Systeme | Meldung innerhalb eines Monats nach Außerbetriebnahme |
Bei jeder Mitteilung muss nicht nur das an- oder abgemeldete Gerät, sondern müssen stets alle elektronischen Aufzeichnungssysteme einer Betriebsstätte in einer einheitlichen Mitteilung übermittelt werden. Auch gemietete oder geleaste Systeme gelten als angeschafft und sind meldepflichtig. Für das Kassensystem ist generell eine Verfahrensdokumentation zu führen. Diese sollte um eine Prozessbeschreibung hinsichtlich der neuen Meldepflichten ergänzt werden.
Mögliche Sanktionen bei Nichtmeldung
Verstöße gegen die Meldepflichten können mit einem Zwangsgeld belegt werden, zudem drohen empfindliche Zuschätzungen. Die Finanzbehörden können im Rahmen der Kassennachschau unangekündigt während der Geschäftszeiten die elektronische Kasse und damit auch die Einhaltung der Meldepflicht überprüfen. Weitere haftungsrechtliche, bußgeldrechtliche oder gar strafrechtliche Konsequenzen hängen vom Einzelfall ab.
5. Geplante Verkürzung von
Aufbewahrungsfristen
und Bürokratieabbau
Mit dem geplanten Vierten Bürokratieentlastungsgesetz sollen weitreichende Vereinfachungen durch den Abbau überflüssiger bürokratischer Hürden erreicht werden: Das Gesetz wurde am 26.09.2024 vom Bundestag beschlossen. Eine Zustimmung des Bundesrats noch im Jahr 2024 ist wahrscheinlich. Aus steuer- bzw. handelsrechtlicher Sicht sind insbesondere folgende Themen von Interesse.
Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege
Die Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege soll von derzeit zehn Jahren auf acht Jahre reduziert werden. Die Frist beginnt nach Ablauf des Jahres, in dem der Buchungsbeleg entstanden ist. Die Neuregelung gilt für alle Buchungsbelege, deren Aufbewahrungsfrist am Tag vor Inkrafttreten der Neuregelung noch nicht abgelaufen ist. Es ist zu beachten, dass ggf. auch Rückstellungen für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen anzupassen sind. Insgesamt führt die geplante Regelung zu einer Entlastung beim Archivierungsaufwand.
Zu beachten ist aber, dass die Aufbewahrungsfrist für Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse, Lageberichte und Konzernabschlüsse weiterhin zehn Jahre betragen soll. Bei empfangenen und versandten Handelsbriefen bleibt es bei einer Aufbewahrungsfrist von sechs Jahren. Vom Bundesrat wurde außerdem die Aufhebung des Papierformerfordernisses für die Aufbewahrung von Jahresabschlüssen gefordert.
Neuer Schwellenwert für monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen
Den Zeitraum für die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung bildet grundsätzlich das Kalendervierteljahr. Beträgt die Umsatzsteuerschuld für das vorangegangene Kalenderjahr allerdings mehr als 7.500 €, so bildet der Kalendermonat den Voranmeldungszeitraum. Diese Schwelle soll nun auf 9.000 € Umsatzsteuerschuld angehoben werden. Potenziell werden also mehr Unternehmen weniger Voranmeldungsaufwand haben.
Differenzbesteuerung
Die Differenzbesteuerung ist ein besonderes umsatzsteuerliches Verfahren, bei welchem nur die Differenz zwischen dem Einkaufs- und dem Verkaufspreis versteuert wird. Die Differenzbesteuerung wird häufig bei gebrauchten Gegenständen angewendet, für die in der Regel bereits Umsatzsteuer gezahlt wurde. Bei gebrauchten Gegenständen, deren Einkaufspreis bisher 500 € nicht übersteigt, hat der Wiederverkäufer ein Wahlrecht. Er kann anstelle der Einzeldifferenz eine Gesamtdifferenz bilden. Diese Grenze soll nun auf 700 € angehoben werden.
Weitere Maßnahmen
Auch außersteuerliche Maßnahmen sind in dem Gesetzentwurf enthalten. So soll künftig in vielen Bereichen (z.B. im Arbeitsrecht, Gewerbemietrecht, Gesellschaftsrecht und im Vereinsrecht) die Textform statt der Schriftform bei Verträgen und Abreden ausreichen. Bei der Schriftform als Formanforderung ist immer eine eigenhändige Unterschrift bzw. eine entsprechend anerkannte elektronische Signatur erforderlich. Diese würde dann entbehrlich.
6. Erhöhung der Schwellenwerte
für die Bilanzierungspflicht
Durch das Wachstumschancengesetz wurden die steuerlichen Schwellenwerte angehoben, ab deren Überschreitung ein Unternehmen buchführungspflichtig wird, es also eine Bilanz erstellen muss. Eine vereinfachte Gewinnermittlung per Einnahmenüberschussrechnung ist dann nicht mehr möglich.
Bisher musste zu einer Bilanzierung übergegangen werden, wenn die Gewinngrenze von 60.000 € im Jahr oder die Umsatzgrenze von 600.000 € im Jahr überschritten wurde. Nun tritt die steuerliche Bilanzierungspflicht erst bei Überschreitung der Gewinngrenze von 80.000 € bzw. der Umsatzgrenze von 800.000 € ein. Die Regelung gilt bereits für Wirtschaftsjahre mit Beginn nach dem 31.12.2023.
Die handelsrechtlichen Schwellenwerte für die Buchführungspflicht wurden korrespondierend angepasst. Die Buchführungspflicht tritt ein, wenn die Schwellen in jeweils zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren überschritten werden. Die Finanzbehörden teilen dem Unternehmen die Buchführungspflicht mit. Diese gilt dann für das Wirtschaftsjahr nach dem Jahr der Mitteilung. Stets zur Buchführung verpflichtet sind und bleiben, unabhängig von einer Umsatz- oder Gewinngrenze, Kaufleute.
7. Einführung einer Wirtschafts-
Identifikationsnummer
Die neue Wirtschafts-Identifikationsnummer werden alle Unternehmen erhalten, die in Deutschland tätig sind. Dazu gehören neben juristischen Personen auch Einzelunternehmer und Freiberufler. Geht eine Person mehreren wirtschaftlichen Tätigkeiten nach, erhält sie für jede eine eigene Wirtschafts-Identifikationsnummer vom Bundeszentralamt für Steuern zugeteilt.
Die Vergabe der Wirtschafts-Identifikationsnummern erfolgt stufenweise und beginnt ab November 2024. Die neue Nummer gilt neben der Steuernummer und der Steueridentifikationsnummer. Perspektivisch sollen durch sie Meldepflichten vereinfacht werden. Außerdem soll die Wirtschafts-Identifikationsnummer zu den Stammdaten eines neuen, derzeit im Aufbau befindlichen Unternehmensbasisdatenregisters gehören. Hierin sollen künftig Daten verschiedener Register zusammenlaufen.
Die Wirtschafts-Identifikationsnummer setzt sich aus dem Kürzel DE für Deutschland und neun Ziffern zusammen. Ergänzend zu diesen kommt ein mit Bindestrich getrenntes fünfstelliges Unterscheidungsmerkmal hinzu. Dieses dient der Identifizierung einzelner Betriebe, Betriebsstätten oder Tätigkeiten.
Hinweis: Die Wirtschafts-Identifikationsnummer muss weder für bestehende noch für neugegründete Unternehmen beantragt werden. Die Zuteilung erfolgt automatisch durch das Bundeszentralamt für Steuern.
8. Geschenke: Änderung des
Umsatzsteueranwendungserlasses
Durch das Wachstumschancengesetz wurde die Grenze für den Aufwandsabzug für Geschenke eines Unternehmers an Personen, die nicht seine Arbeitnehmer sind (z.B. Geschäftsfreunde), ab dem 01.01.2024 von bisher 35 € auf 50 € im Jahr pro beschenkter Person angehoben. Ist die Grenze überschritten, so ist bei der Einkommensteuer überhaupt kein Aufwandsabzug für das Geschenk möglich. Bei einer Überschreitung der Grenze ist auch der Vorsteuerabzug für das Geschenk nicht zu gewähren.
Im Umsatzsteueranwendungserlass wurde die entsprechende Grenze nun ebenso von 35 € auf 50 € pro Jahr und beschenkter Person angepasst. Keine Geschenke im Sinne dieser Regelungen sind jedoch einfache Streuwerbeartikel, deren Wert 10 € nicht übersteigt. Bei diesen steht der Werbezweck im Vordergrund (z.B. durch ein Firmenlogo auf Kugelschreibern).